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Nur nicht aufgeben

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Nach meiner schweren Knieoperation war mir das herkömmliche Brustschwimmen auf ärztliches Anraten hin untersagt worden und gehörte seitdem der Vergangenheit an.

Da ich jedoch nicht wie eine verirrte Boje im Wasser herumpaddeln wollte, begnügte ich mich stattdessen eine Zeit lang mit dem knieschonenden Aqua-Jogging, doch dabei kam ich mir jedes Mal vor, wie ein Entchen auf Seegang.
Nicht mehr so Schwimmen zu können wie bisher, fiel mir anfangs richtig schwer, zumal ich mich wieder aktiv sportlich betätigen wollte, und so schaute ich ungehalten, voller Sehnsucht auf die Schwimmkunst der anderen, bis ich mich irgendwann entschloss, alles daran zu setzen, um den Schwimmstil des Kraulens und des sportlicheren Rückenschwimmens zu erlernen. Leichter gesagt als getan!

In dem Gymnasium, welches ich Anfang der 70iger Jahre besuchte, hatte ich zwar eine äußerst taffe Diplomsportlehrerin, für die es ein absolutes Muss war, dass alle Schülerinnen ihrer Sportklasse das „Frei-Fahrten-Jugend-Abzeichen“ erlangten, doch die uns vermittelten Schwimmtechniken, sei es Brust- oder Rückenschwimmen, hätte man ohne Weiteres in die Kategorie „Steinzeit“ einordnen können.

Das mir beigebrachte Rückenschwimmen glich eher einem verunglückten Froschlurch, den man rücklings auf ein Trockendock katapultiert hatte. Der alte Stil des Brustschwimmens zeichnete sich im Besonderen durch die „Hans guckt in die Luft“ Technik aus. Im Schwimmunterricht hatten wir strengstens darauf zu achten, dass der Kopf bloß über Wasser gehalten wurde. Eine ausgeprägte Nackensteife ging danach kaum ein einem vorüber und gehörte einfach zum guten Ton.
Ja und die Technik des Kraulen war anscheinend Anno 1970 noch nicht von fernen Galaxien durch unsere Erdatmosphäre gedrungen. Jedenfalls stand meiner einstigen Sportlehrerin dieses „know how“ für die Umsetzung im Schwimmunterricht nicht zur Verfügung.

Es grenzte an ein Wunder, dass zur damaligen Zeit keiner meiner Mitschülerinnen im Wasserbecken versunken ist, wie einst die Nautilus. Selbst im Rahmen des Jugendabzeichens kehrte jede nach dem Tauchgang wieder unversehrt zum Tageslicht zurück. Mal ehrlich, beim Anblick dieser Schwimmmethoden hätten selbst die Neandertaler Schnappatmung bekommen.

Während ich wieder einmal beim Aqua-Jogging wie ein Entlein im Wasser schwamm, musste ich zu meinem Erstaunen feststellen, dass so manche robuste Omi von gut 70 Jahren und 70 plus bravourös das Kraulen beherrschte, und wie ein Hai durchs Wasser schoss. Aber hallo!
Da erwachte in mir regelrecht der Neid. Beim Anblick dieser Hai-Damen fragte ich mich ernsthaft, ob ich in meinem Leben nicht doch etwas verpasst hatte? „Ja, das Erlernen des Kraulens“. So der Status quo!

Also setzte ich von nun an alles daran, es ihnen gleichzutun. Besser jetzt Hai, als niemals Hai! Hierzu fehlte mir allerdings die nötige Kraultechnik und erst recht die entsprechende Übung, so das ohne fachliche Anleitung bei mir erst einmal gar nichts lief.
Kurzum fragte ich voller Tatendrang den drahtigen Bademeister, ob er mir ein Paar gute Tipps für eine gelungene Kraultechnik geben könnte. Es wäre für mich jetzt an der Zeit auch diese Schwimmart zu erlernen. Prompt folgten die wichtigsten Regeln nebst Ratschlägen und das war es fürs Erste.

Den gut gemeinten Empfehlungen folgend, gurte ich alte Fregatte nun mit unzusammenhängenden Arm- und Beinbewegungen verzerrt im Wasser herum, umwickelt von einem dicken, gelben Aqua-Bauchgurt, damit ich bei den ersten zarten Versuchen bloß nicht in Seenot geriet. Der Bademeister hat sich beim Anblick meiner abstrusen Schwimmtechnik garantiert schief- und krummgelacht.
Eine ältere Dame, die meine atypische Schwimmformation seit geraumer Zeit beobachtete, meinte: „Das wird schon, Übung macht den Meister! Komisch ist nur, dass Sie nicht im Wasser, sondern auf dem Wasser liegen!“
Nee klar, der Aqua-Gurt hält einen ja absichtlich über Wasser, damit das „Aqua-Jogging“ leichter fällt. Jetzt diente der Gurt erst einmal zum Erlernen des Kraulens, natürlich über statt unter Wasser. Potzblitz aber auch; Ideen muss der Mensch haben und sei es zur Lebensrettung.

Die Äußerung „Sie liegen ja auf dem Wasser“ ging nicht so ganz an mir vorüber. Und dem Bademeister gönnte ich sein „Schief- und Krummlachen“ ehrlich gesagt auch nicht mehr.
Trotz meines betagten Alters, war ich um jeden Preis jetzt bereit einen Kraulkursus zu machen. Ob der Schwimmmeister mich allerdings in den Bambini-Kurses unterbringen konnte stand noch in den Sternen. Ich hörte die Kiddies im Geiste schon unken: „Was ist denn das für ein Nilpferd im Wasser? Übt die etwa mit uns? Über oder unter Wasser?“

Ich bin ein Mensch des klaren Verstandes und der nackten Tatsachen, mag man darüber denken wie man will, aber mit über 60 Jahren zählt man einfach zu einer „alten Gurke“ oder halt zu einem „Nilpferd“ – Chacun à goût, jedem nach seinem Geschmack!
Nun ja, selbst mein dritter Versuch, den jungen, dynamischen Schwimmmeister für Einzelstunden im Kraulen zu gewinnen, scheiterte mit gänzlich. Also blieb mir nichts anderes übrig, als hartnäckig, wenn auch vorerst mit unausgewogenen Arm- und Beinbewegungen im „Do it yourself Verfahren“ das Kraulen zu trainieren, damit schlussendlich daraus eine passable Schwimmtechnik wurde.

Meine Verbissenheit im Training zeichnete sich wirklich aus und so gelang mir eines Tages tatsächlich ein Stil des Kraulens, der sich sehen lassen konnte.
Es dauerte nicht lange, da schoss ich alte Gurke wie ein Schwertfisch auf Beutefang durchs Wasser. Aber wehe es kommt mir jetzt einer in die Quere, dann beiße ich mit meinen zackigen Fischzähnen zu, aber so was von!

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