My CMS

Musikalische Leidenschaft (Teil 1/3)

| Keine Kommentare

In meiner Familie gehörte es absolut zur Tradition Klavierspielen zu können und das scheinbar über Generationen. Mit dieser Leidenschaft war ganz besonders die väterliche Seite behaftet.

Dabei ging es noch nicht einmal um die Vollendung in Perfektion, nein, von den Lieblingsstücken wie dem „Rollschuhmädel“ über die Klassik bis hin zur gekonnten Improvisation wurde mir bei sämtlichen Familientreffen dieses sagenumworbene Instrument bereits als Kind nahegebracht.

Und so kam es, wie es kommen musste. Kurz vor meinem fünften Geburtstag befand sich urplötzlich wie von Zauberhand ein kohlrabenschwarzes Klavier in unserem Wohnzimmer. Es ließ geradezu die Vermutung nahe, dass mein Vater, der sich immer wieder als besonderes Organisationstalent entpuppte, dahintersteckte.

Aus Neugierde und mehr noch als Zeitvertreib hämmerte ich, ganz zum Leidwesen meiner Mutter, von nun an täglich in die Tasten. Meinem Vater bliebt wenigstens tagsüber dieses geräuschvolle Unterfangen erspart. Dennoch nervte mein unorganisiertes Klavierspiel nicht nur meine Eltern, sondern führte zwischenzeitlich auch in der Nachbarschaft zu reichhaltigem Unmut. Fortan sah mein Vater sich gezwungen, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Geklimperte seiner Tochter endlich in geordnete Bahnen zu lenken. Kurzerhand signalisierte meine bereits erwachsene Cousine Hanna, ihres Zeichens ein absolutes musikalisches Improvisationstalent, alles daranzusetzen, um mich schonend in die Welt der Musik zu integrieren.

Der Integrationsversuch hielt allerdings nur ein Jahr. Scheinbar war meine geliebte Base dann mit ihrem Latein am Ende. Ein Nachfolger ließ jedoch nicht lange auf sich warten und so betrat eines Tages ein großer, hagerer Klaviermeister die Wohnung meiner Eltern. Von nun an verfolgte mich allerdings während des Klavierunterrichts wöchentlich ein penetrantes Gemisch aus Zigarettendunst und süßlichem Kaffeegeruch. Ob alleine dieser Duft dann zum Fortschritt meiner Klavierkunst beigetragen hat, lässt sich nach den Jahrzehnten leider nicht mehr mit Gewissheit sagen. Jedenfalls hatte mein neuer Musiklehrer es bewerkstelligt, mich auf zwei seiner organisierten Jugendkonzerte mitspielen zu lassen ohne das diesen Events jemals ein Eklat folgte.

Allerdings hatte es mich beim zweiten Klavierkonzert echt kalt erwischt, als ich kurz vor dem Auftritt, potztausend aber auch, meinen Mathelehrer erblicken musste und nun gezwungen war mich notenmäßig total am Riemen zu reißen. Die Fuge von Bach habe ich dann unter tranceähnlichem Zustand meinem Publikum präsentiert, welches mich durch beachtlichen Beifall gerade noch rechtzeitig aus meinem Koma erwachen ließ.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.